Frauenquote in Führungspositionen

Chef-Frauen - braucht unsere Wirtschaft eine Quote?

HAPEKO-Geschäftsführer Benjamin Thomsen im Gespräch mit HAPEKO-Regionalleiterin Carin Pawlak zum Thema Frauen in Führungspositionen. Ein Disput über den Sinn einer Quote.

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Sind Frauen die besseren Menschen?

Nein, aber ich glaube, im Durchschnitt sind sie etwas empathischer als Männer.

Ich habe schon weibliche Chefs erlebt, die jedem Diktator in der dritten Welt Konkurrenz machen können.

Klar, aber solche Männer gibt es doch auch.

Sind Frauen dann vielleicht weniger anfällig für Korruption? Einen Finanzskandal wie den aktuellen bei Wirecard würde es unter weiblichen Vorständen demnach nicht geben.

Das ist Spekulation. Aber wenn man sich die Kriminalitätsstatistik anschaut, ist schon auffällig, dass dort weniger Frauen auftauchen als Männer.

Also sind Frauen elementar für jede Firmenkultur.

Wenn wir Diversität ernst nehmen, ist es wichtig für ein Unternehmen, dass die Teams möglichst gemischt sind – Geschlecht, soziale Herkunft und Alter. Je vielfältiger eine Belegschaft ist, umso mehr Perspektiven und Sichtweisen entstehen, was wiederum im Sinne von ganz vielen Geschäftszweigen sein kann.

Die OECD beklagt, dass es in Deutschland viel zu wenige Frauen in Führungspositionen gibt. Deshalb droht nun – mit Unterstützung der Kanzlerin – eine verbindliche Quote. Der CDU-Wirtschaftsrat hat das postwendend kritisiert. Die Pläne Angela Merkels seien „übermotiviert und unrealistisch“.

Der CDU-Wirtschaftsrat kritisiert in diesem Kontext ja auch, dass man sich keine Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen backen könne. Aber darum geht es ja auch nicht unbedingt. In den Aufsichtsräten der 100 stärksten Unternehmen haben wir es doch bereits hinbekommen, dass eine Frauenquote zu etwa 30 Prozent erfüllt ist. Wohlgemerkt aber erst, als das Gesetz kam. Und das hat den Unternehmen ja auch nicht geschadet, im Gegenteil. In Vorständen allerdings, wo es noch keine gesetzliche Quote gibt, liegt der Prozentsatz nur bei etwas über zehn Prozent.

Aber wer sagt denn, dass die Frauen bereitstünden, wenn es eine verbindliche Quote für Dax-Unternehmen gäbe?

Ich glaube in der Tat, dass sie bereitstehen. Wenn wir jetzt mal nur die absoluten Top-Positionen nehmen: Es kann mir keiner erzählen, dass es nur an der mangelnden Qualifikation liegt und Frauen deshalb ausscheiden. Stichwort Qualifikation: Wie kann es dann sein, dass ein Andreas Scheuer Verkehrsminister ist? Offensichtlich können Männer genauso falsch liegen.

Norwegen hat weltweit als erstes Land 2006 die 40-Prozent-Frauenquote eingeführt. Bei Nichteinhaltung drohen Sanktionen – bis hin zur Auflösung eines Unternehmens. Braucht es solche harten Schritte auch hierzulande? Oder ist die Quote nicht auch Diskriminierung? Nach dem Motto: Frauen brauchen unsere Hilfe – so wie auch Alte, Behinderte, Migranten.

Das Gegenteil ist richtig. Heribert Prantl von der „Süddeutschen Zeitung“ hat in einem Kommentar geschrieben: „Die Frauenquote macht Schluss damit, dass es seit ewigen Zeiten in Spitzenpositionen der Wirtschaft Männerquoten gibt, die bei fast 100 Prozent liegen. Die Frauenquote führt also nicht die Quote ein; sie durchbricht eine bestehende Quote.“ Es geht doch auch nicht darum, gleich eine Pari-Quote einzuführen, aber doch wenigstens eine Mindestquote. Die Selbstverpflichtung funktioniert in der Wirtschaft ja komischerweise recht selten.

Credit

Autorin: Carin Pawlak, Mitglied der Geschäftsleitung HAPEKO

Foto: SolStock