Neues Jahr, gute Vorsätze: Viele nehmen sich vor, den nächsten Karriereschritt zu machen, sich besser zu organisieren und oftmals: mehr Gehalt zu bekommen. Wie geht man am besten vor als Arbeitnehmer:in?
Als Erstes muss ich mir einen Überblick verschaffen über meinen Marktwert. Dazu kann jede:r über verschiedene Portale mittels Gehaltsanalysen sehen, in welchem Korridor man sich bewegt. Und jede:r sollte für sich vorab überlegen, welchen Mehrwert er oder sie für sein Unternehmen liefert. Wo trage ich konkret zum Firmenerfolg bei? Wo habe ich direkt etwas geschaffen für meinen Arbeitgeber? Habe ich meine Ziele erfüllt oder sogar übererfüllt? Daraus leitet sich dann die eigene Verhandlungsposition ab: Wer nachweislich viel geleistet hat, kann auch eindeutig mehr fordern.
Wenn mein:e Vorgesetzte:r komplett abblockt: Welches Nein muss man akzeptieren, und wann lohnt sich, nochmals nachzuhaken?
Man muss zunächst mal eruieren, was der Hintergrund eines Nein ist. Gibt es das System nicht her, weil der Vorgesetzte damit eine Ungleichheit im Gehaltsgefüge herstellen würde? Ist das Unternehmen in einer angespannten Lage? Oder stimmt am Ende die eigene Leistung gar nicht? Deswegen sollte man im zweiten Anlauf für sich klären: Was kann ich tun, damit ich eine Gehaltserhöhung im wahrsten Sinne verdiene? Vielleicht hilft es ja auch schon, eine Extra-Aufgabe zu übernehmen.
In Deutschland sind derzeit etwa 1,5 Millionen Stellen nicht besetzt? Die meisten Unternehmen klagen über einen eklatanten Fachkräftemangel. Kann man in einer solchen Situation als Arbeitnehmer:in nicht einfach hemmungslos pokern?
Wenn ich als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer in ein Verhandlungsgespräch gehe, ohne meinen Marktwert realistisch einschätzen zu können und wirklich hemmungslos pokere, habe ich gute Voraussetzungen, auf die Nase zu fallen. Man ist immer gut beraten, seine eigene Situation erst einmal zu analysieren und dann die Gegenseite für sich zu gewinnen. Etwas zu fordern, ohne eine gute Verhandlungsstrategie zu haben, ist selten sinnvoll.
Wie schlau ist es, der Chefin oder dem Chef mit Kündigung zu drohen, wenn man seine Gehaltsvorstellungen nicht erfüllt bekommt?
Man kann niemandem raten, einfach nur zu bluffen, ein Bluff fliegt irgendwann immer auf. Wenn man vehement fordert und auch mit Kündigung droht, dann signalisiert man auch: Ich bin auf dem Absprung. Das ist keine gute Voraussetzung für die persönliche Weiterentwicklung in einem Unternehmen. Wer sollte noch auf diese Person zählen können?
Wenn jemand seine Gehaltswünsche nicht durchgesetzt hat: Sollte man stattdessen Erfolgsprämien, Sonderurlaub oder eine ÖPNV-Karte aushandeln? Sind Benefits nicht längst genauso wichtig wie das Gehalt?
Auch hier kommt es darauf an zu hinterfragen: Warum sagt mein Chef Nein? Man kann ausloten, ob vielleicht bestimmte Benefits für ein Unternehmen leichter freizugeben sind, allein schon aus steuerlichen Gründen.
Eine Studie hat ermittelt, dass vielen Menschen – rein rechnerisch – mehr als eine halbe Million Euro durch die Lappen geht – nur weil sie keine Gehaltsverhandlungen führen. Also ist die regelmäßige Bitte nach mehr Geld demnach zwingend…
Die Frage ist doch: Ist Gewinnmaximierung mein vorrangiges Ziel? Oder welche Werte habe ich sonst noch in einem Arbeitsverhältnis? Gehalt ist nur ein Bestandteil, der ein Berufsleben ausmacht. Wenn ansonsten alles passt mit persönlicher Entwicklung und dem Wohlfühlfaktor in einem Unternehmen, warum sollte ich die Gehalts-Verhandlungen dann bis zum letzten Cent ausreizen?
Was raten HAPEKO-Berater:innen ihren Klientinnen und Klienten, wenn diese beim Thema Gehalt für potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten abblocken?
Wenn ein Unternehmen nur ein begrenztes Budget für eine Position zur Verfügung stellt, wird es automatisch Abstriche bei den Skills machen müssen. Das heißt letztlich aber auch, dass eine Person vielleicht nicht so produktiv sein kann wie eine andere mit perfektem Skill-Set. Wir erleben als Berater ja immer mal, dass es bei den Gehaltsverhandlungen nur an einer dreistelligen oder niedrigen vierstelligen Summe beim Jahresgehalt scheitert. Da stellen wir unseren Klienten dann die Frage: Wie hoch sind die Opportunitätskosten? Was kostet es, wenn der ganze Prozess nochmals von vorne anlaufen muss – oder aber die Stelle unbesetzt bleibt? Das ist nämlich letztlich teurer als die Summe, weswegen eine Verhandlung beendet wurde.
In der Regel verdienen Frauen immer noch weniger als Männer. Sie fordern aber vielleicht auch einfach nicht genug, oder? Sind Frauen einfach die schlechteren Verhandlerinnen?
Ich glaube, dass Frauen in der Regel eher das Gefühl haben, eine Rolle komplett ausfüllen zu müssen, um dann auch ein entsprechendes Gehalt zu fordern. Während sich Männer in Verhandlungen deutlich aggressiver und proaktiver geben.
Bei HAPEKO gibt es keine Benachteiligung von Frauen bei den Gehältern…
Ja, bei HAPEKO ist das Gehaltsmodell komplett transparent. Und gute Leistung wird unabhängig vom Geschlecht gut bezahlt.
Artikel erstellt im Jahr 2022. Benjamin Thomsen war geschäftsführender Gesellschafter von HAPEKO von 2019 bis 2023.
Credit
Autorin: Carin Pawlak, Mitglied der Geschäftsleitung HAPEKO
Foto: Nick Gurr / HAPEKO