Wie alt sind wir – und zu welcher Generation gehören wir?
Nora El Kilani: Ich bin 28, 1994 geboren und würde mich damit zu Generation Y zählen.
Michael Hans Hahl: Ich bin 56, 1966 geboren und zähle zur Generation X. Bin aber auch so ein bisschen Babyboomer, glaube ich.
Julia Engel: Ich bin 48, 1974 geboren und ganz klassisch in der Mitte von Generation X.
Wir repräsentieren also zweieinhalb bis drei Generationen – und arbeiten bei HAPEKO zusammen. Was hat uns denn im Berufsleben geprägt? Mit welcher Haltung, welchen Werten der Arbeitswelt sind wir sozialisiert worden?
Michael H. Hahl: Ich kann klar sagen, dass ich die Werte der Generation X und Babyboomer verinnerlicht habe. Arbeit wurde über alles gestellt: Wenn du nicht arbeitest und auch nicht viel arbeitest, dann wirst du auch kein schönes, gutes, erfülltes Leben führen.
Heute sehe ich bei den jüngeren Generation Y und Z, dass das Arbeiten immer noch eine Rolle spielt, auch eine große. Aber dass es ein angenehmeres, selbstbestimmtes Arbeiten ist. Man kann eigene Ideen einbringen, kreativ sein, das habe ich in meiner Generation in jungen Jahren nicht erlebt. Kreativität oder Flexibilität waren eher verpönte Begriffe, da hast du eher so ja nach Vorgabe gearbeitet. Du hast eine Agenda gehabt, nach der du arbeiten solltest und musstest.
Nora El Kilani: Ich kann mich vor allem mit den Begriffen Flexibilität und Kreativität sofort identifizieren. Auch Sinnhaftigkeit ist ein großer Wert für mich. Als ich meinen ersten richtigen Job hatte, war ich dort nicht so ganz glücklich. Meine Einstellung war und ist aber: Ich brauche den Zustand, dass es auch passt, dass ich bei der Arbeit glücklich bin, dass ich gefördert werde und meine eigenen Ideen einbringen kann.
Ich bin dem Arbeitsmarkt und einem Jobwechsel gegenüber offener als andere Generationen. Und ich habe den Arbeitsmarkt anders erlebt, der sich einfach aufgrund des Fachkräftemangels gewandelt hat. Man hat mittlerweile mehr Optionen, sich auch woanders umzusehen und diesen „Idealzustand der Arbeit“ zu erreichen.
Mir geht es um Austausch, Weiterentwicklung und Zielerreichung: Was habe ich geschafft? Was leiste ich, und was ist mein Outcome? Und da ist es für mich zum Beispiel auch egal, ob ich 40 Stunden die Woche arbeite, 50 oder ob es mal 30 sind. Ich gehe nicht arbeiten, um arbeiten zu gehen und meine Stunden voll zu machen. Und jetzt, hier bei HAPEKO, fühle ich mich sehr gut aufgehoben, weil man einfach gefördert wird.
Michael H. Hahl: Die Generation Babyboomer lebt, um zu arbeiten. Die Generation X arbeitet, um zu leben. Und die Generationen Y und Z … die leben und arbeiten.
Man hat heute die Möglichkeit, gerade als junge Generation, sich auszuprobieren, sich ein Stück weit neu zu erfinden, ja, auch Abläufe neu zu erfinden, Dinge neu zu entwickeln. Ich finde das sehr positiv, dass junge Menschen ihre Meinung sagen und sagen „Okay, das passt uns nicht, das gefällt uns nicht, das möchten wir nicht haben.“
Ein typischer Satz der Generation Babyboomer ist: „Wir haben das schon immer so gemacht. Das hat auch immer funktioniert und das bleibt jetzt auch so.“ Meine Generation hat sich damit abgefunden und hat gesagt: „Ja klar, wenn das schon immer so war, dann bleibt es auch so.“
Julia Engel: Ich bin als Generation X-Vertreterin in meinen ersten Berufsjahren ähnlich sozialisiert worden, was die Hierarchie betrifft. Neues auszuprobieren war okay - wenn es denn von der oberen Etage kam. Der Mittelbau, zu dem ich gehörte, sollte es umsetzen. „Management sticht im Zweifel Untergebene“, das hat mich geprägt.
Ich habe meinen ersten Job gesucht, als die Arbeitslosigkeit sehr hoch war und habe ein hohes Bedürfnis nach Sicherheit. Auf der einen Seite bin ich durch Leistungsorientierung geprägt worden: „Liefern“, „die extra Meile gehen“, „sich durchbeißen“. Ich komme aus dem Journalismus, und da hieß es, „Volontariat ist sowieso hart, da musst du durch“. Das hatte ich verinnerlicht. Und finde Leistung noch heute wichtig. Auf der anderen Seite habe ich länger, als man es heute tun würde, widrige Arbeitsumstände ausgehalten. Einfach weil ich ja froh sein musste, diesen Job zu haben.
Welche Stärken kennzeichnen dabei die Babyboomer-Generationen, welche die jüngeren Generationen wie Generation X und Y / Millennials?
Michael H. Hahl: Es gibt einige Stärken, die ich durch meinen beruflichen Werdegang gewonnen habe. Das ist zum Beispiel, an einer Sache dranzubleiben, sich mit der Sache auseinanderzusetzen. Aber das lag aber auch daran, dass wir keine oder nicht viele andere Möglichkeiten hatten. Das strukturierte und genaue Arbeiten habe ich gelernt, weil es in der Regel genaue Vorgaben gab, was du wie tun musst. Es gab wenig Spielraum, meine eigene Kreativität einzubringen oder gar meinen Arbeitsplatz zu gestalten. Ich merke an mir auch eine gewisse Hartnäckigkeit, vielleicht auch ein Stück weit Durchsetzungsvermögen, die ich erworben habe.
Julia Engel: Ich habe so viel Berufserfahrung, dass ich besser als früher einschätzen kann, was mir liegt und was nicht.
Gleichzeitig habe ich aber auch noch genug Berufsjahre vor mir und auch genug Energie, dass ich jetzt, auch inspiriert durch die Zusammenarbeit mit jüngeren Generationen, denke: Ich muss keinen Job mehr bis an mein Lebensende durchleiden. Dafür ist die Welt zu spannend da draußen. Dafür gibt es zu viele interessante Tätigkeiten – und zu viele tolle Menschen, mit denen ich arbeiten kann. Ich bin teamfähig und mich zum Beispiel gut zurücknehmen und anderen den Vortritt lassen. Ich kann mich und mein Ego auch mal „rausrechnen“ und mir nur das Projekt-Ziel ansehen und mich fragen „Wem muss der Wurm schmecken? Dem Fisch oder dem Angler?“
Eine weitere Stärke ist das strukturierte und genaue, präzise Arbeiten. Und meine Überzeugung, dass ein Arbeitsergebnis auch eine gewisse Qualität haben muss. Ob die Einstellung, dass Leistung etwas Gutes ist, auch, eine extra Meile zu gehen, eine Stärke ist, darüber kann man vielleicht auch diskutieren.
Nora El Kilani: Ich bin sehr flexibel und kann mich gut anpassen. An verschiedene Umstände oder auch verschiedene Strukturen und Hierarchien in Unternehmen, an andere Vorgaben. Außerdem habe ich den Mut, auch Dinge zu hinterfragen –auch, was Arbeitsstrukturen angeht.
Ich habe gelernt, einfach mal zu machen. Und dass ich vielleicht nicht immer diese strikten Vorgaben brauche, sondern auch kreativ werden kann. Dafür nehme ich aber auch gegebenenfalls ein Veto hin, denn ich probiere einfach mal aus und lerne aus Fehlern. Denn ich weiß: Deshalb werde ich nicht gekündigt, weil ich die Aufgabe jetzt falsch mache, das ist trotzdem okay. Dazu kommt meine digitale Affinität – ich kenne Computer und Laptop seit meiner Kindheit. Mir gefällt es, verschiedene Tools auszuprobieren, vielleicht auch zu gucken, „Möchte ich diesen Prozess nicht jetzt einfach mal anders machen?“
Welche Probleme können durch Age Diversity in Unternehmen auftreten?
Julia Engel: Für die eigene Leistung gesehen und wertgeschätzt zu werden, ist eines der zentralen Bedürfnisse, die eigentlich alle Menschen im Berufsleben haben, gleich welchen Alters – das zeigen viele aktuelle Untersuchungen. Wenn die Werte und die Arbeitsweisen aber auseinanderliegen, vielleicht sogar deutlich, kann schnell der Impuls eintreten, zu sagen „Das geht so nicht, wie du das machst“. Hier ist meiner Meinung nach das größte Konfliktpotenzial: Wenn man von einander denkt, die jeweils andere Partei macht es falsch.
Michael H. Hahl: Es beginnt mit der Herangehensweise, die jüngeren Kollegen haben eine andere Herangehensweise an eine Aufgabe als die ältere Generation. Dann geht es weiter mit der Geschwindigkeit. Man sagt, dass die ältere Generation ein bisschen langsamer arbeitet, die junge Generation ein bisschen schneller arbeitet, was ich übrigens nicht bestätigen kann. Natürlich kann die unterschiedliche Sicht auf Dinge problematisch werden: Was für eine Person logisch ist, weil sie möglicherweise die Erfahrung hat oder sich jeden Tag damit beschäftigt, mag für die andere ein Buch mit sieben Siegeln sein – oder aufgrund anderer Werte schlicht irrelevant.
Nora El Kilani: Es kann schon an den Tools, mit denen man arbeitet, scheitern, wenn man eben nicht offen ist. Wenn eine Person vielleicht lieber E-Mails schreibt, während jemand anderes Slack benutzt oder nur noch bei Teams zu erreichen ist. Das ist ja schon einmal eine Herausforderung, auf einen Nenner für die Zusammenarbeit zu kommen, die Tools und die Kommunikationsformen miteinander zu finden, die für alle in Ordnung sind.
Wie kann mit diesen Problemen umgegangen werden? Wie kann man sie beseitigen?
Julia Engel: Wenn diese Probleme auftreten, sollten Teams zunächst eine gemeinsame Sprache finden. Und sich Zeit für den Weg bis zu einer flüssigen Zusammenarbeit nehmen: Welches Kommunikationsmittel wollen wir benutzen? Wie wollen wir miteinander arbeiten? Das ist eine Investition, die die Teams selbst tätigen müssen, zu der aber auch die Arbeitgeber bereit sein müssen, also alle am Tisch. Zugunsten eines größeren, besseren Ganzen: dem Unternehmenswohl nämlich.
Michael H. Hahl: Und ich finde, wenn man sagt, „Wir möchten generationsübergreifend arbeiten“, dann müssen wir auch generationsübergreifend darüber sprechen. Das ist ein zentraler Faktor für die Problemlösung, wird meiner Erfahrung nach aber in vielen Unternehmen noch nicht ausreichend gelebt. Man muss, um von einander zu profitieren, die Sichtweisen und Herangehensweisen miteinander besprechen und abgleichen. Das setzt die Bereitschaft aller Generationen voraus, mit der jeweils anderen zu arbeiten.
Für die gute Teamleistung gehört regelmäßiger Austausch einfach dazu - und Spaß ebenfalls: Julia Engel, Nora El Kilani und Michael H. Hahl im Hamburger HAPEKO-Büro.
Was können die Generationen jeweils voneinander lernen, so wie wir, wenn wir zusammenarbeiten?
Michael H. Hahl: Ich finde die jüngeren Generationen einfach freier, die können sich mehr entfalten, und das finde ich auch extrem spannend. Weil du dir aussuchen kannst, was du machen möchtest, beruflich und privat. Das hat eine ganz andere Qualität, das gab es in der Jugendzeit der Babyboomer / Generation X so leider nicht.
Wir können zum Beispiel von den Jüngeren auch lernen, zu dem zu stehen, was wir wollen und auch tatsächlich den Mund aufzumachen und zu sagen „Nein, so nicht“. Ich sehe ja auch, dass die Generationen Y und Z damit gut leben, damit auch durchkommen und diese negativen Konsequenzen, die wir gefürchtet haben, in der Form gar nicht mehr kennen. Wir haben ja Angst, das zu tun, weil wir gefürchtet haben, dass wir irgendwelche Sanktionen dadurch erleben, im schlimmsten Falle den Rauswurf aus dem Unternehmen.
Nora El Kilani: Als Jüngere kann ich auf jeden Fall von eurem Durchhaltevermögen, Durchsetzungsvermögen und von der Genauigkeit, an Dinge heranzugehen, lernen. Also einen Arbeitsauftrag im Detail und mit einem hohen Qualitätsanspruch anzugehen. Und natürlich sowieso von der Erfahrung, die ihr ja auch aus den Jahren im Arbeitsleben mitbringt. Ich glaube, ein Mehr-Generationen-Team kann durch den Mix aus Erfahrungen und Fertigkeiten das Beste aus sich rausholen - wenn man anerkennt, dass man voneinander etwas lernen kann und dazu vielleicht auch bestimmte Strukturen noch mal hinterfragt.
Wie können Unternehmen von Age Diversity profitieren?
Julia Engel: Unternehmen mit altersgemischten Teams haben große Vorteile, vorausgesetzt, sie sind auch offen dafür, dass Dinge nicht immer so laufen, wie man das kennt und bereit, etwas für die bzw. in die Teams zu investieren. Zum Beispiel in Form von Kommunikationsmitteln oder vielleicht Team-Building-Maßnahmen.
Auf der anderen Seite gibt es mit den verschiedenen Generationen eine enorme Bandbreite an Fertigkeiten, an Erfahrungsschatz und Arbeitsweisen. Und idealerweise wird dieses Know-how dann im Unternehmen verbleiben, wenn die älteste Generation nach und nach ausscheidet, weil die jüngere Generation dieses Know-how übernehmen oder sich daran orientieren kann. Age Diversity macht Belegschaften heterogener, das macht es nicht unbedingt geschmeidiger, aber definitiv vielfältiger und auf Sicht auch wirksamer.
Nora El Kilani: Zudem erwarten heute gerade die jüngeren Generationen einen Arbeitgeber, in dessen Unternehmenskultur Vielfalt ein Wert ist, also ein Unternehmen, in dem Vielfalt in Sachen Alter, Geschlecht, Hautfarbe, sexuelle Orientierung, Religion und so weiter auch gelebt wird. Teams mit Menschen gemischten Alters sind ein Zeichen für einen modernen und damit attraktiven Arbeitgeber.
Die Millennials / Generation Y, Mitte 20 bis Anfang 40, stehen als Führungskraft im Mittelbau derzeit häufig zwischen den Babyboomern, die „bis zum Burn-Out arbeiten“ gelernt haben – und der Generation Z, die „Me-Time“ priorisiert und eher nicht bereit ist, mehr als einmal pro Woche ins Büro zu kommen. Können Millennials mit dieser ungefragten Rolle und Sandwich-Position umgehen? Was bedeutet das für sie als Führungskraft– und für Unternehmen?
Nora El Kilani: Ich sehe da tatsächlich eine Chance, weil die Millennials Vermittler zwischen den Generationen sein können. Sie liegen altersmäßig dazwischen, können also beide Sichtweisen verstehen. Millennials könnten ja etwa die Anweisung der Babyboomer-Führung mitnehmen, den Sachverhalt aber anders an das Generation Z-Team kommunizieren, auf das Outcome zusammen schauen, agile Arbeitsweisen verwenden und auch gemeinsam erreichte Ziele feiern. Dies haben die Millennials in Führungspositionen selbst in der Hand, wie sie Anweisungen weitergeben wollen und in welcher Struktur. Manchmal sind die Unterschiede vielleicht auch gar nicht so groß. Ein Beispiel: Die Generation Z ist agile Arbeitsmethoden sehr gewohnt, die ja eigentlich auch in einem strikten Zeitrahmen passieren. Arbeiten nach Anweisung und Deadlines sind dieser Generation also ähnlich vertraut wie den Babyboomern. Die Millennials müssen hier „nur“ die Übersetzungsarbeit in beide Richtungen leisten, zum Wohle des Projekts.
Michael H. Hahl: Die Millennials, die in der in der Mitte stehen, haben das Zeug bzw. müssen die junge und die ältere Generation davon überzeugen, das Beste zusammenzubringen. Millennials in den Führungsebenen sind Schnittstellen und Wanderer zwischen den Generationen. Und deren Aufgabe ist auch, gegenseitiges Verständnis zu schaffen und allen Beteiligten zu sagen „Lasst uns gemeinsam eine Basis, ein Fundament schaffen, von dem aus wir arbeiten.“ Das ist eine Herausforderung, aber eben auch die Chance, altersgemischte Teamarbeit erfolgreich zu leben.
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